Warum wir weiterhin AfD-Infostände stören müssen!

Am 09.12. blockierten wir einige Zeit den Infostand der AfD in der Reutlinger Innenstadt, wir verteilten Flyer und hielten inhaltliche Durchsagen mit Bezug auf die Reutlinger Kommunalpolitik. Obwohl die Cops am Ort des Geschehens schon auf uns warteten, konnten wir uns vor dem Stand platzieren und auch nachdem sich die Polizei zum Handlanger der Rechten machte, störten wir die sichtlich genervten AfDler weiter. Aber ist dieser Protest wirklich effektiv oder sind die Infostände der Rechten am Ende nur ein kleiner Tisch mit ein paar Flyern, den wir vernachlässigen können?

In Reutlingen begann der Kommunalwahlkampf der AfD schon in diesem Herbst mit einer Saalveranstaltung im Stadtteil Betzingen. Zwar war diese nicht so gut besucht und unser Gegenprotest deutlich in der Überzahl, sie machte aber klar: Die AfD meint es ernst und kann auf jetzt vorhandene Erfahrungen und „Leuchttürme“ aufbauen. So hatte sie Kommunalpolitiker:innen aus Ostdeutschland eingeladen, die über ihre aktuellen Erfolge berichten sollten.
Überall erhält die AfD in Wahlumfragen Spitzenergebnisse, überall finden rassistische Proteste gegen Geflüchtete statt und wir beobachten eine deutliche Verschiebung der bürgerlichen Parteien nach rechts: Die Rechten befinden sich in einem massiven Aufwind. Sie fühlen sich sicher, erhalten Zuspruch aus breiten Teilen der Gesellschaft und können sich, auch aufgrund einer nicht wahrnehmbaren Gegenposition von links, als einzige Opposition darstellen. Umso wichtiger, dass wir am Ball bleiben und die AfD, als die aktuell zentralste rechte Kraft, überall dort und immer dann stören, wenn sie auftaucht – vor allem, wenn wir eine reale Chance haben, ihr tatsächlich zu schaden. Die Erfahrungen der vergangenen Monate zeigen uns aber: Protest gegen die AfD wird schwieriger. Nicht nur unsere Mobilisierungsstärke lässt nach, auch der Staat rüstet hoch und vor allem bei lange im Voraus angekündigten Veranstaltungen der Rechten, erwartet uns ein Großaufgebot der Polizei und/oder das Recht auf Versammlungsfreiheit wird, wie bspw. letztes Jahr in Cannstatt (Protest gegen AfD-Landesparteitag), massiv eingeschränkt.

Mit Neueintritten und remotivierten Mitgliedern drängt die Reutlinger AfD im Zuge ihres Kommunalwahlkampfes wieder vermehrt an die Öffentlichkeit und in die Innenstadt. Mit Infoständen auf dem Marktplatz und neben dem Weihnachtsmarkt, erreicht die AfD viele Reutlinger*innen und kann ihre rassistischen „Krisenlösungen“ unter die Menschen bringen. Genau dieser Entwicklung und der rapiden Normalisierung der AfD als ein fester Bestandteil der Gesellschaft, unserer Wochenmärkte und unserer Fußgängerzonen, müssen wir entgegenwirken. Indem wir ihre Infostände blockieren und indem wir lauten Protest dagegen organisieren, nehmen wir der AfD zumindest für einen bestimmten Zeitraum die Öffentlichkeit, machen es unattraktiv mit ihr zu reden und ihre Flyer anzunehmen. Denn niemand nimmt sich gerne einen Flyer von einem Stand, der von Antifaschist:innen gestört wird und konstant von Bullen bewacht werden muss.
Und genau deshalb sollten wir AfD-Infostände nicht vernachlässigen!
Anders, als oftmals bei AfD-Saalveranstaltungen und martialisch abgeschirmten Kundgebungen, können wir der AfD bei ihren Infoständen tatsächlich etwas entgegensetzen und ihre Erfolge schmälern. Bei ihren Infoständen stören wir die Rechten ganz direkt und genau an dem Ort, an dem sie versuchen zukünftige Wähler:innen zu gewinnen und mehr zu werden. Wir stören sie dann, wenn sie sich als ganz normaler Teil der Gesellschaft in unseren Innenstädten, unter freiem Himmel präsentieren. Bei ihren Infoständen stören wir die Rechten, wenn sie nicht zwangsläufig mit uns rechnen und auch die Cops, anders als bei großen Saalveranstaltungen u.Ä., nicht mit einem Großaufgebot vor Ort sind. Dass das Erfolge bringt, wissen wir: Nach lang anhaltendem Protest gegen Infostände der Reutlinger AfD im Landtagswahlkampf 2021, war sie im Bundestagswahlkampf nirgends mehr auf dem Reutlinger Marktplatz zu finden. Und auch in München, wo AfD-Infostände zum Schutz der Rechten, teilweise von den Bullen abgegittert werden mussten, hat sich langer Atem und andauernder Protest gegen die Infostände ausgezahlt.

Lasst uns also die AfD-Infostände nicht vernachlässigen, auch wenn und vor allem, weil sie uns schon als normal erscheinen. Lasst uns auch mal wieder in kleinere Orte und aufs Land fahren, um die AfD dort beim Flyern zu stören. Denn auch, wenn es anstrengend ist, bleibt Antifa manchmal Kleinstarbeit und heißt oftmals auch, früh am morgen aufzustehen, um der AfD einen Stich zu versetzen!