Rassismus tötet: Wir erinnern an Kiomars Javadi!

Rassismus tötet! Wir erinnern an Kiomars Javadi

Freitag, 19. August:
ab 15 Uhr Infostand am Zinserdreieck, Karlstraße Tübingen
um 17 Uhr gemeinsames Gedenken am Infostand

Sonntag, 28. August:
um 11:30 Uhr Filmvorführung „18 Minuten Zivilcourage“ von Rahim Shirmahd  im Kino Atelier (Haagtor Tübingen)

Am 19. August 1987, vor 35 Jahren besuchte der 20-jährige Kiomars Javadi, ein Geflüchteter aus dem Iran, den heute nicht mehr existierenden Tübinger Supermarkt „Pfannkuch“ in der Karlstraße. Von Mitarbeiter*innen wurde Kiomars beschuldigt, etwas geklaut zu haben. Augenzeug*innenberichten nach wurde er dann von ihnen gepackt und gegen seinen Willen in einen Kellerraum verschleppt. Dort wurde er sehr wahrscheinlich misshandelt – einer der Angestellten gestand später, einen Gummiknüppel „fachgerecht gehandhabt“ zu haben. Kiomars Javadi floh in den Hinterhof des Marktes in der Wöhrdstraße, wo er gegen 17 Uhr von drei Mitarbeitern des Pfannkuch-Supermarktes und dem Filialleiter zu Boden gebracht wurde. 18 Minuten lang wurde Kiomars Javadi im Würgegriff gehalten. Der Filialleiter verdrehte ihm das Bein. Niemand kam ihm zu Hilfe.

Nach 4-6 Minuten war Kiomars Javadi tot. Nach 18 Minuten traf die Polizei ein, die dem Toten Handschellen anlegte. Nach drei Verhandlungstagen wurden die Täter am 30. Juni 1988 zu Freiheitsstrafen von jeweils 18 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Der Richter gab Kiomars Javadi sogar eine Mitschuld an seinem Tod. Derselbe Rassismus, der Kiomars Javadi am 19. August 1987 umbrachte, schützte seine Mörder und wollte ihn selbst zum Täter machen.
Rassismus, Polizeigewalt und die Kriminalisierung von geflüchteten Menschen hat System!
Und genau deshalb ist dieser Staat im Kampf gegen Rassismus kein Partner für uns. Das lehrt uns der Mord an Kiomars Javadi, das lehren uns die rechten Netzwerke und Chatgruppen in der Polizei und Bundeswehr. Das lehrt uns der NSU und das mahnen uns all die toten Menschen, die an den EU-Außengrenzen sterben, die durch rassistische Polizeigewalt sterben, deren Tod nie aufgeklärt wurde oder deren Mörder, wie bei Kiomars Javadi, mit lächerlichen Bewährungsstrafen davonkommen.

In Tübingen findet der rassistische Mord an Kiomars Javadi kaum Beachtung. Noch schlimmer: bis heute verdrehen Artikel und Internetseiten die Tatsachen und greifen auf den Vorwurf des Diebstahls zurück, „obwohl die Täter damals selbst bestätigten, dass es sich um keinen Ladendiebstahl gehandelt habe“. ¹ Es gibt weder eine Gedenktafel noch eine (öffentlich) wahrnehmbare Auseinandersetzung mit dem rassistischen Mord. Auch die Gedenktafel, die wir letztes Jahr in Erinnerung an Kiomars Javadi am 19.08.2021 auf der Höhe des Zinserdreiecks angebracht haben, wurde schon nach wenigen Tagen entfernt.

Solange wir den Kampf gegen Rassismus nicht selbst in die Hand nehmen, wird es niemand tun.

Am Freitag, den 19. August möchten wir deshalb gemeinsam aktiv werden!
Wir stehen ab 15 Uhr mit einem Infostand am Zinserdreieck in Tübingen. Es gibt Lesematerial, Möglichkeiten, Protest kreativ auf die Straße zu tragen, kurze Redebeiträge und Gelegenheiten, in Austausch zu kommen.

Um 17 Uhr wollen wir Kiomars Javadi gemeinsam gedenken.

Kommt vorbei! Informiert euch! Kämpft gemeinsam mit uns gegen Rassismus!

Weitere Infos findet ihr auch hier: https://unvergessen.unon.app/murders/kiomars-javadi.html

 

¹ https://unvergessen.unon.app/murders/kiomars-javadi.html