Beitrag in DGB-Jugend-Broschüre: Rechte Betriebsarbeit erkennen und ihr mutig entgegentreten. Keinen Fußbreit den Faschisten im Betrieb!

Vor wenigen Tagen hat die DGB Jugend Baden-Württemberg eine Broschüre veröffentlicht zum Thema „Rechte Umtriebe im Ländle“. Auch wir haben einen Beitrag zum Thema faschistischer Verein „Zentrum Automobil e.V.“ geschrieben. Den gesamten Text findet ihr unten. Hier gehts zur Broschüre als pdf: Broschüre _Rechte Umtriebe im Ländle

Rechte Betriebsarbeit erkennen und ihr mutig entgegentreten.
Keinen Fußbreit den Faschisten im Betrieb!
Im Frühjahr 2018 fanden bundesweit Betriebsratswahlen statt. Dort kann jede*r antreten, der*die seit mindestens sechs Monaten in einem Betrieb arbeitet. Auch Rechte nutzten dies. So startete die Nazi-NGO „Ein Prozent“ den Aufruf „Werde Betriebsrat“. Dieser fiel durchaus auf fruchtbaren Boden: allein am Daimler-Standort Untertürkheim traten 187 KandidatInnen auf der von altbekannten FaschistInnen initiierten Liste „Zentrum“ an. Bei diesen Wahlen erreichte „Zentrum“ 13,2 % der Stimmen. In der Folge erhöhte sich die Anzahl ihrer Sitze im Betriebsrat von vier auf sechs. Eine öffentlichkeitswirksame Zahl, welche vor allem deren vermeintliche Verankerung in der Belegschaft demonstrieren sollte.
Neben „Zentrum Automobil e.V.“ gibt es noch weitere solcher Betriebsorganisationen, die uns am Arbeitsplatz für rechte Politik begeistern wollen. Darunter die AfD-Projekte „Alternative Vereinigung der Arbeitnehmer“ (AVA) und der „Alternative Arbeitnehmerverband Mitteldeutschland“ (ALARM). Bisher beweist sich aber vor allem „Zentrum“ als erfolgreichstes rechtes Betriebsprojekt.
Wer ist „Zentrum Automobil e.V.“?
Hinter dem Projekt „Zentrum“ steckt vor allem Oliver Hilburger, Beschäftigter beim Daimler-Werk in Stuttgart-Untertürkheim. Er gründete den Verein bereits im Jahr 2009.  Hillburger ist ehemaliger Gitarrist der Nazi-Band „Noie Werte“. Mit „Noie Werte“ komponierte er den Soundtrack, welchen der NSU später für sein Bekennervideo nutze. Hilburger war und ist nicht nur fester Bestandteil der schwäbischen Fascho-Szene, sondern auch Teil des europäischen „Blood and Honour“-Netzwerks.
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Blood & Honour stellt in ganz Europa ein Netzwerk dar, welches ursprünglich die Herstellung, Vermarktung und Verteilung von Fascho-Musik organisierte. Nachdem Blood & Honour durch ihren bewaffneten Arm „Combat 18“ zum offenen Kampf aufgerufen hatte, wurde es in Deutschland verboten und agiert seit dem im Untergrund.

Das Ziel von „Zentrum Automobil e.V.“ ist der Aufbau von weiteren rechten Betriebsgruppen. Dabei kann man davon ausgehen, dass sie sich nicht nur auf die Automobilindustrie in der Metropolregion Stuttgart beschränken werden. So gibt es bereits weitere Listen an anderen Standorten, welche „Zentrum“ nahe stehen.

Im November 2017 hielt Hilburger eine Rede auf der Konferenz des neurechten „Compact“ Magazins in Leipzig. Mit dabei waren auch die „Identitäre Bewegung“ (IB) und die „AfD“. Dort behandelte er ein für diese Konferenz überraschend neues Thema: betriebliche Arbeit, Gewerkschaften und rechte Betriebsräte. Er kritisierte dabei Leiharbeit, Freihandelsabkommen, niedrige Renten, das marode Gesundheitssystem und das angeblich gute Verhältnis zwischen Konzernleitung und IG-Metall. Schlussendlich forderte er den Schutz vor „politischer Kündigung“ und meint damit den Schutz für RassistInnen und Nazis in den Betrieben.
Das alles passt in das Schema der „Neuen Rechten“, welche durch Einflussnahme in unterschiedliche Bereiche der Gesellschaft eben diese nach rechts verschieben möchte. Dies tut sie durch Trollarmeen im Internet, rechte Verlage und Denkfabriken, mithilfe einer „Jugendbewegung“ inklusive eigener Lebenswelt, im Parlament, auf der Straße und jetzt eben auch im Betrieb. „Zentrum“ ist ein fester Bestandteil dieser „Neuen Rechten“ in der BRD. Es leugnete den Klimawandel, schimpfte gegen Fahrverbote und lobte den Diesel. Als zwei Daimler-Mitarbeiter einen Kollegen systematisch rassistisch beleidigten, schlug sich „Zentrum“ medienwirksam auf deren Seite und forderte den Schutz von „Patrioten im Betrieb“.

Rechte Betriebsarbeit erkennen: „Zentrum Automobil e.V.“ ist k e i n e Gewerkschaft!
„Zentrum“ bezeichnet sich selbst als „unabhängige Gewerkschaft“ und spricht von sozialen Missständen, die angegangen werden müssten. In der Logik von „Zentrum“ haben die sogenannten „Einheitsgewerkschaften“ die Arbeiter*innen verraten, weshalb sich diese den rechten Betriebsprojekten anschließen sollten. „Zentrum“ und seine AnhängerInnen grenzen sich also ganz bewusst von linken Perspektiven ab und hegen eine offene Feindschaft gegen die DGB-Gewerkschaften, vor allem gegen die IG Metall (IGM).

Aber ist „Zentrum“ nun wirklich eine Gewerkschaft? Erstreitet sie für uns Arbeiter*innen reale Verbesserungen oder verbirgt sich dahinter eben doch nur ein faschistisches Projekt?
Eine Gewerkschaft zeichnet sich durch eine klare und parteiliche Haltung zur Arbeiter*innenklasse und deren Kampf um gerechte Arbeitsbedingungen aus. Gewerkschaften gehen von einer im Beschäftigungsverhältnis einseitigen Abhängigkeit der Arbeiter*innen aus und vertreten deren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen gegen die ihrer Arbeitgeber. Sie handeln also aufgrund der Annahme eines Interessenkonflikts zwischen Arbeiter*innen und Konzernspitzen. Dieser Interessenkonflikt führt zu tatsächlichen Ungerechtigkeiten wie Lohnkürzungen und anderen sozialen Missständen, welche erst mit der Auflösung dieses Widerspruchs überwunden werden können.

„Wider dem Klassenkampf! Die gegenseitige Abhängigkeit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber muss Einzug in das Bewusstsein der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer haben!“ Betriebszeitung „Kompass“ vom „Zentrum Automobil“ (Werk Untertürkheim, erscheint unregelmäßig, nicht online)

Mit sozialen Phrasen und scheinradikalem Auftreten versucht nun auch „Zentrum“ Arbeiter*innen zu agitieren. Es profitiert dabei von echter Wut der Beschäftigten und nutzt diese für seine Zwecke. Anders als die Gewerkschaften leugnet „Zentrum“ die Spaltung der Gesellschaft in Klassen. Bei „Zentrum“ gibt es kein „Oben und Unten“ und auch keinen Interessenkonflikt zwischen Arbeiter*innen und KapitalistInnen. Mit einer oberflächlichen Kritik am Sozialabbau verbunden mit der Hetze gegen Beschäftigte Nicht-Deutscher Herkunft spaltet und schwächt es die Arbeiter*innenklasse. Dies kann man unter der Überschrift soziale Demagogie fassen: Rechte sprechen Probleme wie niedrige Renten, Löhne, Dieselfahrverbote und das kaputtgesparte Gesundheitssystem zwar an. Anstatt aber gemeinsam als Klasse den Kampf gegen Ungerechtigkeiten zu führen und die Profiteure dieser Verhältnisse anzuprangern, machen sie die falschen Personengruppen – etwa geflüchtete Menschen, Nicht-Deutsche Beschäftigte, Klimaaktivist*innen etc. – für diese Lage verantwortlich. „Zentrum“ und Co spalten die Arbeiter*innenbewegung, schwächen durch ihren gewerkschaftsfeindlichen Diskurs die tatsächliche Interessensvertretung der arbeitenden Klasse und organisieren die Rechte auf betrieblicher Ebene.

„Zentrum“ bleibt bei einfachem, emotionalen Phrasengedresche und unkonkreten Forderungen. Sie bieten einfache Antworten auf komplexe Fragen und garnieren diese mit plumpem Rassismus.
„Zentrum“ hat weder der Mehrheit der Arbeiter*innen bei Tarifverhandlungen den Rücken gestärkt, noch hat es einen Plan für eine sozialere Gesellschaft.

„Zentrum“ übernimmt also keinerlei gewerkschaftliche Arbeit und erreicht rein gar nichts für uns!

Was tun? Rechter Betriebsarbeit mutig entgegentreten!
Überall dort, wo Rechten keine Grenze gesetzt werden, beißen sie sich fest. Das gilt natürlich auch für unsere Betriebe. Deshalb müssen wir auch dort eine klare antifaschistische Haltung zeigen, unsere Kolleg*innen über Nazis wie „Zentrum“ und Co aufklären und diese gemeinsam, aktiv aus den Betrieben drängen.

Organisiert euch in den Gewerkschaften und streitet für eine unsere Interessen, um Spaltung und Individualisierung entgegenzuwirken. Von innen können wir berechtigte Kritik an etwa sozialpartnerschaftlichem Verhalten solidarisch üben und gleichzeitig unsere Gewerkschaften gegen rechte Demagogie und Angriffe von außen verteidigen.

Sucht lokale Bündnisse gegen Rechts auf und engagiert euch dort euch im Rahmen eurer gewerkschaftlichen Arbeit! Knüpft Kontakte mit anderen antifaschistischen Kräften, tauscht euch aus und unterstützt euch gegenseitig. Die Gründung rechter und faschistischer Betriebsorganisationen ist Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks und reiht sich ein in eine Vielzahl rechter Projekte. Wir müssen die Zusammenhänge dieser Projekte verstehen um sie als Ganzes bekämpfen zu können. Am Ende werden wir „Zentrum“ nur dann konsequent zurückschlagen, wenn Gewerkschaften und Antifas Hand in Hand arbeiten!

Für einen antifaschistischen Kampf im Betrieb und auf der Straße!
Hoch die internationale Solidarität!

Warum gendern wir wie?
Wir benutzen das Sternchen [*] um alle Geschlechtsidentitäten abzudecken. Zum Beispiel: Freund*innen. Das handhaben wir dementsprechend für alle Personengruppen so. ABER: Eine binäre Einteilung von Geschlechtern ist ein Baustein faschistischer Ideologie, die die Existenz von inter, trans, agender und genderfluiden Personen leugnet und angreift. Daher benutzen wir für FaschistInnen das Binnen-I.