Ein Bericht der Antifaschistischen Aktion Herrenberg, dem Offenen Treffen gegen Faschismus und Rassismus Tübingen und Region und dem Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region
Anlässlich der wiederholten öffentlichen Auftritte des AfD Ortsverbandes Herrenberg fand am 15. Oktober ein gemeinsames Nachbereitungs- und Perspektivetreffen zu den Protesten der letzten Veranstaltung in Gültstein statt.
Aufruf zu den Protesten in Gülstein!
Durch eine zwar kurze, aber dennoch gelungene Mobilisierung, bei der bereits im Vorfeld auch die Gültsteiner*nnen durch Flyer auf den AfD Stammtisch in ihrem Ort aufmerksam gemacht wurden, trafen sich am Mittwoch Abend des 9. Oktobers sowohl überregionale als auch örtliche Antifaschist*nnen in Gültstein, um der AfD ihren gemeinsamen Widerstand entgegenzusetzen. Direkt vor dem Gasthaus „Zom Kronawirt“ begann ab 18:30 Uhr eine Kundgebung und auch davon ausgehende aktive Proteste.
Die ursprüngliche Einschätzung, ein knappes Zeitfenster bis zum Beginn der rechten Veranstaltung als strategisches Momentzu nutzen, hat sich nicht bewährt. Leider mussten wir uns eingestehen, dass wir mit den Protesten zu spät begonnen haben, um die Veranstaltung durch Blockaden noch verhindern zu können. Zusätzlich zur zeitlichen Fehleinschätzung erschwerte das massive Polizeiaufgebot unsere Proteste: Ein einfaches Wegbewegen von der Kundgebung wurde mit sofortigen „Schubsereien“ Seitens der Polizei beantwortet. Dennoch konnten wir durch die lautstarke Teilnahme von ca. 70 Antifaschist*innen den reibungslosen Ablauf der rechten Veranstaltung behindern.
Gerade an einem Tag wie diesem, an dem in Halle ein Faschist Menschen ermordete, sollte die Notwendigkeit von entschlossenem Antifaschismus weder kritisiert noch angezweifelt werden. Der 9. Oktober hat uns wieder einmal gezeigt, dass im Kampf gegen Rechts kein Verlass auf die staatlichen Sicherheitsbehörden ist. Ganz im Gegenteilverschaffen sie rechten Akteuren Schutzräume zur Vernetzung und zum Aufbau ihrer Strukturen, indem sie mit Gewaltversuchen jegliche Form des aktivenGegenprotestes zuverhindern. Natürlich können die verbale Hetzte der AfD – wie bei diesem Stammtisch – und der rechte Terror in Halle nicht miteinander verglichen werden. Aber durch die gesellschaftliche Rechtsentwicklung, welche u.a. von der AfD vorangetrieben wird, werden Faschisten wie Stefan B. in Halle in ihrem Handeln bestärkt und angespornt.
Beim Stammtisch des Ortsverbandes Herrenberg wird aber nicht nur versucht, rechte Hetzte unter Bürger*innen zu verbreiten, sondern dort vernetzt sich die AfD auch mit der radikalen Rechten der Region. Solche Veranstaltungen ermöglichen einen Zusammenschluss verschiedener rechter Akteure: Die AfD wird zum parlamentarischen Arm von militanten Nazis – militante Nazis zur „Straßentruppe“ der rechten Bidermänner im Bundestag. Genau diese Analyse, welche wir schon im Aufruf zu den Protesten thematisierten, bestätigte sich am vergangenen Mittwoch.Die hochkarätigen Referenten, u.a Dirk Spaniel (MdB und Teil des rechten Flügels der AfD), Hans Peter Strauch (Verkehrspolitischer Sprecher der AfD in Baden-Württemberg)und Oliver Hilburger (Vorsitzender der rechten Scheingewerkschaft ‚Zentrum Automobil‘ und ehemaliges Mitglied der Naziband ‚Noie Werte‘) posierten vor der Gaststätte mit – mutmaßlich als ‚Saalschutz‘ fungierenden – offensichtlichen Faschisten. Soweit, so skandalös – und doch wenig überraschend.
Der Herrenberger Ortsverband der AfD ist augenscheinlich gut vernetzt – sowohl mit den bundesweiten Strukturen (des rechten Flügels) der AfD, als auch mit lokalen Faschisten aus dem (ehemals-) kameradschaftlichen Spektrum. Er stellt einen – im Großraum Stuttgart hervorstechenden – Versuch der Verankerung im eher ländlichen Raum dar. Und er fungiert mit Veranstaltungen wie vergangenen Mittwoch als Bindeglied zwischen faschistischen Einzelpersonen, AfD-Parteistrukturen und dem betrieblichen Experiment ‚Zentrum Automobil‘.
Eine erstarkende AfD bleibt folglich nicht alleine das Problem der HerrenbergerInnen. Aus diesen Gründen messen wir, die organisierenden antifaschistischen Strukturen aus Herrenberg, Tübingen und Stuttgart, dem Herrenberger Projekt eine überregionale Bedeutung zu und schätzen es daher als notwendig und richtig ein, die Proteste weiterhin überregional zu organisieren.
Auch wenn das manchmal heißt, unter der Woche und bei Regen in weit entfernte Orte zu fahren. Jede Person, die vor Ort war oder sich antifaschistisch engagiert ist wichtig. Denn nur gemeinsam können wir dem gesellschaftlichen Rechtsruck etwas entgegensetzen und die AfD oder andere Rechte bekämpfen.
Wir werden auf jeden Fall weitermachen und der AfD auch in Gültstein keinen ruhigen Rückzugsort überlassen. Achtet auf weitere Ankündigungen.
Egal ob in Herrenberg, Tübingen oder Stuttgart – Alle zusammen gegen den Faschismus!
Antifaschistische Aktion Herrenberg
Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus Tübingen und Region