Wandzeitungen und Banner im Gedenken an die Reichspogromnacht 1938

Um an die zu erinnern, die in der „Reichpogromnacht“ am 9. November 1938 von den deutschen Faschist*innen ermordet, bedrohnt und verletzt wurden,  haben wir Wandzeitungen in der Tübinger Innenstadt verteilt und große Banner an drei Brücken in Tübingen und an einer in Reutlingen angebracht.

Über mehere Tage hinweg wurden hunderte jüdische Menschen von den deutschen Faschist*innen ermordet, es wurden tausende  jüdische Geschäfte geplündert und zehntausende jüdische Menschen verhaftet . Die Polizei verschleppte 26.000 jüdische Männer aus ganz Deutschland vor allem in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald.

Um zu verhindern, dass so etwas nie wieder passiert, müssen wir uns zusammenschließen und Antisemit*innen aktiv bekämpfen!

Kein Vergeben – Kein Vergessen!
Erinnern heiß kämpfen!

 

Einen Ausschnitt aus der Wandzeitung findet ihr im Folgenden:

Pogrome gestern und heute – was tun?!
Die Verbrechen, die in der Reichspogromnacht begangen wurden, sind bis heute unvergleichlich; und trotzdem hat sich an der grundsätzlichen Bereitschaft Menschen zu hetzen und zu jagen, sogar zu töten, die nicht ins eigene Weltbild passen, wenig geändert. Besonders tragisch zeigte sich dies Anfang der 90er, als es in Orten wie Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda oder Solingen zu den schlimmsten Pogromen, seit Ende des deutschen Faschismus, kam. Dabei wurden Asylsuchende tagelang drangsaliert und ihre Unterkünfte vom rassistischen Mob in Brand gesteckt. Die Polizei stand schweigend daneben, während große Teile der Zivilbevölkerung untätig blieben oder die Ausschreitungen gar begrüßten. Und auch der Fall des „NSU“, die rassistischen Morde in Hanau oder der antisemitische Anschlag in Halle machten deutlich: wenn in der BRD systematisch Migrant*innen ermordet werden, hat der Staat wenig Interesse an Aufklärung, wenn er nicht gar selbst beteiligt ist. Dieses menschenverachtende Handlungsmuster zieht sich bis zum heutigen Tag wie ein roter Faden durch die Geschichte der BRD.

Als zum Höhepunkt der sogenannten „Flüchtlingskrise“ im Sommer 2015 viele Schutzsuchende in die BRD gekommen waren, kam es immer wieder zu Ausschreitungen und Anschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte, insgesamt über tausend Mal. Im August 2018, marschierten Faschist*innen, darunter auch Teile der „AfD“, durch Chemnitz. Grund dafür war der Mord an einem jungen Mann, den die Rechten für ihre menschenfeindliche Hetze instrumentalisierten. Folge davon waren tagelange Pogrome und rassistische Hetzjagden in der Chemnitzer Innenstadt.

Die „AfD“, eine rechte Networkerin!
Spätestens an diesen Tagen in Chemnitz wurde deutlich: Die AfD schreckt nicht davor zurück, Seite an Seite mit der „Identitären Bewegung“, Nazi-Hools und anderen faschistischen Gruppierungen und Parteien aufzutreten. Die „AfD“ bildet heute den parlamentarischen Arm einer faschistischen Bewegung in Deutschland, unter deren Deckmantel auch Gruppen und Parteien wie die „IB“ oder der „III.Weg“ profitieren. Mit Aussagen von „AfD“- Funktionär*innen versuchen sie die Grenzen des Sagbaren und den Diskurs innerhalb der Gesellschaft nach Rechts zu verschieben und die anderen Parteien vor sich herzutreiben. Die „AfD“ gibt sich gerne als vermeintlich bürgernah und behauptet die Interessen des „kleinen Mannes“zu vertreten. Das dies mitnichten der Fall ist, zeigt sich bei einem Blick in das Parteiprogramm. Allgemeine Sozialleistungen sollen abgeschafft und Steuersenkungen, die allein den Wohlhabenden nützen, durchgesetzt werden, Bildung soll nicht länger frei zugänglich sein. Die „AfD“ bildet das Scharnier zwischen faschistischen Schläger*innen auf der Straße und deren Vordenker*innen in rechten Thinktanks, wie dem „Institut für Staatspolitik“. Hetzjagden wie in Chemnitz, sind ohne die geistige Vorarbeit der „AfD“ nicht denkbar.

Antisemitismus und Rassismus bekämpfen – Pogrome verhindern!
In Chemnitz hat sich gezeigt, dass sich der Mob im Zweifel auf der Straße zusammenschließt, um seine Ideologie in die Tat umzusetzen und Jagd auf die zumachen, die er zum Sündenbock für soziale Probleme, wie den Verlust der Arbeit oder der Wohnung erklärt. Auf der Straße muss also auch der Ort sein, auf dem wir den Rechten und Faschisten entgegentreten, sie einschränken und verhindern.

Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke im Juni 2019 und die rassistischen Morde in Hanau im Februar 2020 sowie der antisemitische Anschlag von Halle im Oktober 2019 bilden den traurigen Höhepunkt. Der Täter von Halle hing verschiedenen „Theorien“ zur „jüdischen Weltverschwörung“ nach. Sein abscheuliches Ziel war es, möglichst viele Jüd*innen zu ermorden.

Diese Vorstellungen finden sich aktuell bei Gruppierungen innerhalb der „Coronaproteste“ von „Querdenken“, „Coronarebellen“, „AfD“ und der Kleinstpartei „DieBasis“ wieder. Diese sind im Zug der kapitalistischen Corona-Krise aufgetreten und haben versucht, sich als rechte Massenbewegung zu etablieren. Mit einfachen Antworten auf komplexe Probleme dieser Zeit, wurde versucht propagandistisch auch auf soziale Probleme einzugehen.Hier tritt Antisemitismus teilweise kodiert, aber auch offen auf, es werden Vergleiche gezogen zwischen der Impfkampagne und der Shoah, welche den Holocaust relativieren. Die dadurch entstehende Normalisierung antisemitischen Gedankenguts muss bekämpft werden! Und wie wir aus der Geschichte gelernt haben, bleibt es bei diesen bloßen Gedanken nicht. Eins ist sicher: in der sich seit Jahren verschärfenden kapitalistischen Krise, rückt die Gesellschaft weiter nach rechts und es wird zu weiteren Hetzjagden und Morden kommen, wenn wir nichts dagegen unternehmen.

Doch was bedeutet das für diejenigen, die sich dem Mob entgegenstellen und versuchen den Rechtsruck aufzuhalten?
Der Mob greift diese antisemitischen Verschwörungsbilder und rassistischen Feindbilder auf, um zur Tat zu schreiten. Für alle anderen heißt das: Wir müssen wachsam sein, widersprechen und auf der Straße dagegen kämpfen. Wir müssen uns organisieren, uns zusammenschließen, denn das haben unsere Gegner*innen längst getan. Noch können wir etwas tun, um gemeinsam zu verhindern, dass sich die Situation weiter verschlimmert. Wir müssen uns bilden, um uns über die wirklichen Ursachen gesellschaftlicher Probleme bewusst zu werden. Nur so können wir die bestehenden Verhältnisse verändern, dass ein gutes Leben für alle möglich ist. Denn durch Verschwörungen und stumpfes nach unten treten schaffen wir keine solidarische Gesellschaft. Aber, indem wir uns mit all jenen zusammenschließen, die kein Interesse am Faschismus haben und schon in unserem aktuellen kapitalistischen System zu den Verlierer*innen gehören, können wir Ausbeutung und Unterdrückung hinter uns lassen. Dies müssen wir selbstbestimmt tun, denn in der Vergangenheit, war und ist offensichtlich: der bürgerliche Staat wird unseren Kampf gegen Rechts im Zweifel nicht unterstützen. Die rechten Netzwerke in der Bundeswehr (u. A. Hannibal-Komplex) und in der Polizei, (u. A. Nordkreuz) die Waffen aus staatlichen Stellen entwenden und sich auf einen Tag X zur Machtübernahme vorbereiten, unterstreichen dies einmal mehr. Währenddessen werden Antifaschist*innen zunehmend kriminalisiert.

Deshalb: Werdet aktiv, schließt euch mit anderen zusammen! Widersprecht rechter Hetze, egal wo: Auf der Straße, bei der Arbeit, in der Schule, in der Uni oder im Verein. Besucht die offenen antifaschistischen Treffen in eurer Stadt und tretet ein für eine solidarische Gesellschaft!

Kommt zum Offenen Treffen gegen Faschismus und Rassismus Tübingen und die Region (OTFR) am 2. Montag im Monat um 19 Uhr im Epplehaus.

Kein Vergeben–Kein Vergessen!
Erinnern heißt kämpfen!