Prozessbericht 29.01.2025
Am 29. Januar 2025 wurden erneut zwei unserer Genossinnen im Kontext der Offenburger Knastdemo vor Gericht gezerrt. Die Mission von Gericht und Staatsanwaltschaft war auch hier wieder eindeutig: Zahllose zeitaufwändige, teure Prozesse führen und die Solidarität mit dem damals in Offenburg inhaftierten Genossen Jo kriminalisieren. Auch dieses Mal wurden die Genossinnen mit je 90 Tagessätzen für ein bisschen Farbe an den Knastmauern hart verurteilt. Das eigentlich Spannende an diesem Prozesstag war jedoch, dass zum ersten Mal eine Genossin als Zeugin vorgeladen war, deren Verfahren im gleichen Komplex bereits abgeschlossen ist. Diesem Versuch, uns als 40 Angeklagte zu spalten, wurde konsequent entgegen getreten: Über 40 solidarische Prozessbegleiter*innen im Publikum, die dem üblichen „Gerichtstheater“ ungehorsam und selbstbestimmt entgegen getreten sind und sehr klar deutlich machten, dass sie diesen Staat auch in Form seiner juristischen Handlanger*innen nicht anerkennen; eine dreigeteilte gemeinsame Prozesserklärung von Zeugin und den beiden Angeklagten, verbunden mit der konsequenten Aussageverweigerung machten klar: wir stehen zusammen, ob auf der Straße oder vor Gericht.
Damit haben wir nicht nur ein klares Zeichen der Solidarität im Gerichtssaal gesetzt, sondern auch deutlich gemacht: Niemand von uns 40 Angeklagten hat dem Gericht irgendetwas zu sagen – egal, ob auf Anklagebank oder im Zeugenstand!
Egal, mit welchen Tricks dieser Staat und seine juristischen Handlanger*innen noch versuchen, uns zu spalten und unsere Solidarität untereinander zu brechen: All das wird ins Leere laufen, wir bleiben solidarisch miteinander und auch mit allen anderen angeklagten, inhaftierten oder untergetauchten Antifas! Freiheit für alle politischen Gefangenen! Glück und Kraft an alle Genoss*innen in Untergrund und Haft!
Anschließend findet ihr die drei Prozesserklärungen der Genossinnen:
Erklärung Nr. 1 – gesellschaftliche Situation
Neues Jahr, alte Repression. So sind wir in 2025 gestartet und haben uns, in mittlerweile alter Tradition, heute wieder in Offenburg getroffen.
Wir, das sind die 40 Angeklagten im Offenburger Knastprozess. Wir, das ist die revolutionäre Bewegung. Wir, das sind Antifaschist:innen, die der deutsche Staat versucht durch Prozesse wie den heute einzuschüchtern, zu vereinzeln und zu brechen. Wir, das sind alle, die trotz, oder gerade wegen der rasanten Rechtsentwicklung, Kriegen und Krise für eine andere Gesellschaft kämpfen, weil der Kapitalismus uns nichts zu bieten hat.
Die Repression gegen uns kommt nicht aus dem Nichts und ist genauso Teil einer Rechtsentwicklung, wie es die ekelhaften Remigrationsdebatten, das regide Streichkonzert im Sozialhaushalt, Angriffe auf das Streikrecht, Massenentlassungen und Verlagerungen, Reallohnverluste, Aufrüstung und Kriegstreiberei sind, die die Menschen in die Arme der AfD treiben.
Das alles sind die Antworten der Reaktion auf die kapitalistische Krise, die auch vor den imperialistischen Zentren keinen Halt mehr macht.
Für uns ist all das Alltag, das ist es für die meisten Menschen. In Wirklichkeit aber ist das Gewalt, brutale Gewalt.
Dass Menschen durch deutsche Waffen sterben, Dass uns das Geld im Alter nicht zum Leben reicht,
Dass Menschen auf der Straße leben müssen, das ist Gewalt.
Dass legitimer Widerstand gegen Besatzung und Genozid niedergeknüppelt wird und, Dass Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, das ist Gewalt.
Dass Menschen auf der Flucht an den europäischen Außengrenzen sterben und aufgrund ihrer Herkunft angegriffen und getötet werden, das ist Gewalt.
Dass diejenigen, die sich dagegen zur Wehr setzen mit Repression überzogen werden, das ist Gewalt.
Was ist eine angesprühte Knastmauer gegen all das?
Dass die Repression vor allem die antifaschistische Bewegung mit voller Härte trifft, erscheint erst mal widersprüchlich. Waren es nicht deutsche Politiker, die vor nicht mal einem Jahr von großen Bühnen sprachen und Antifaschismus zur „Bürgerpflicht“ erklärten?
Diese Ansprachen waren von Heuchelei nicht zu überbieten. Während Scholz, Baerbock und der Rest ihrer Clique versuchten ihre desaströses Image auf den Anti-Rechts-Bühnen der Republik aufzupolieren, übertrafen sich die deutschen Bullen im „Antifa-Ost-Verfahren“, dem „Budapest-Komplex“, oder auch dem sog. „Wasenverfahren“ gegenseitig in ihrem Ermittlungseifer: Öffentlichkeitsfahndungen, Verhaftungen in mehreren Ländern, und das Denunzieren unserer Genoss:innen in den Medien sind dabei nur ein Bruchteil des gesamten Repressionsausmaßes. Mittlerweile saßen bzw. sitzen fast eine zweistellige Anzahl Antifas in europäischen Gefängnissen mit dem Vorwurf militanten Antifaschismus praktisch umgesetzt zu haben.
Unsere Solidarität geht deshalb raus an alle Genoss:innen in Haft und wir schicken viel Glück in den Untergrund an alle, die sich dem Knast entzogen haben!
Erklärung Nr. 2 – Solidarität!
Während Gewalt das Fundament der bürgerlichen Herrschaft ist, ist unser Fundament die Solidarität.
Solidarität ist an Silvester zu den Knästen zu gehen, ist Aussageverweigerung, Prozessbegleitung und Seite an Seite auf der Straße stehen. Solidarität ist Freiheit für Jo, Maya, Daniela, Nico, Zaid, Moritz, Paul, Luca, Hanna, Johann, Tobi, Yan und alle anderen.
Solidarität ist international, sie ist Kampf gegen Besatzung und Krieg, antifaschistischer Selbstschutz und Nazis blockieren. Solidarität ist nach oben statt nach unten treten, ist Streiken und gemeinsam Bullenketten durchbrechen.
Solidarität ist unsere stärkste Waffe gegen die kapitalistische Vereinzelung und gegen Isolation. Gegen die soziale Kälte und die Ellenbogengesellschaft, die uns umgibt. Sie gibt uns Kraft und Mut weiterzukämpfen in einer Welt die vorgibt, alternativlos zu sein.
Der bürgerliche Staat mit seinen Richtern, Bullen und Staatsanwälten kennt keine Solidarität. Deshalb verstehen sie auch nicht, dass sich Solidarität weder wegknüppeln, noch verurteilen oder wegsperren lässt!
Weder unsere Genossin, die heute in den Zeugenstand gezwungen wurde noch irgendwer sonst von uns kooperiert mit dem Staat. Denn er verteidigt und vertritt all das, was wir so verachten.
Egal wie das Gericht heute urteilt, wir machen weiter und halten uns an Frieder Schlotterbeck, der gemeinsam mit seiner Familie unermüdlich gegen die deutschen Faschisten kämpfte:
„Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne!“
Erklärung Zeugenaussage
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, uns als Zeug*innen dazu zu zwingen, gegen unsere eigenen Genoss*innen auszusagen, soll uns in die Vereinzelung drängen, das soll uns einschüchtern. Für uns gibt es darauf nur eine richtige Antwort: unsere Solidarität miteinander!
Seit Monaten werden wir hier vor Gericht für ein bisschen Farbe auf Beton vorgeführt. Dabei wird immer offensichtlicher, worum es der Klassenjustiz hier wirklich geht. Dem Gericht geht es nicht um ein bisschen Farbe auf einem Stück Beton, ihnen geht es darum, dass der Knast als immanente Drohkulisse einschüchtern soll. Ihm geht es darum, dass sich Menschen gegen den ausbeuterischen Normalzustand organisieren und zur Wehr setzten.
Wir nehmen das nicht hin, wir nehmen die vermeintliche Legitimität dieses Staates nicht an, wir wissen, dass er nicht in unserem Interesse handelt und deshalb bleibt für uns keine andere Wahl, als diese Grundsätze praktisch spürbar zu machen. Denn die Idee von Solidarität und der Wille für Veränderung macht vor keiner Strafe, keiner Drohung auch keiner Knastmauer Halt.
Für viele bedeutet die Konfrontation mit der Gewalt des Staates Resignation, für viele bedeutet das, Perspektivlosigkeit und für viele bedeutet das Zurückziehen ins Private und Akzeptanz für den ausbeuterischen Status Quo. Denn natürlich ist es oft schwierig weiterzumachen, den Kampf für ein besseres Morgen weiterzuführen. Denn mit einem entschlossenen Willen für Veränderung, kommen auch die staatlichen Angriffe.
Diese Prozesse kosten uns Geld, Zeit und Nerven, aber es ist dennoch keine Option, einfach umzudrehen, wenn uns der Wind entgegenbläst. Gewalt ist das Fundament der bürgerlichen Gesellschaft und in der staatlichen Repression die wir erleben wird diese Gewalt oft konkret. Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht. Wer gegen den politischen Kurs der Herrschenden und ihrem Staat aktiv wird, der wird verprügelt und anschließend vor Gericht gezogen.
Aber trotz allem bleibt für uns klar: Wir kooperieren nicht mit einem Staat, der unsere Klasse Krise nach Krise für die Interessen des Kapitals in die Armut treibt, der Kriege in der ganzen Welt befeuert und unsere Genossinnen und Genossen, die sich dagegen zur Wehr setzten in den Knast steckt. Wir kooperieren nicht mit einem Staat, dessen Vertreterinnen und Vertreter uns auf der Straße zusammendreschen und vor dessen Gerichten wir seit Monaten abgehandelt werden.
Ihr könnt uns anzeigen, Ihr wollt uns vor Gericht zerren und ihr wollt uns in den Knast sperren, aber unsere Überzeugung, unsere Entschlossenheit und unsere Solidarität miteinander, die lässt sich weder verhandeln, noch wegknüppeln.
Deshalb: Freiheit und Glück allen Untergetauchten und liebe und solidarische
Grüße hinter die Knastmauern! Hoch die internationale Solidarität!
Und nochmal zum Schluss: Staatsanwaltschaft und Gericht versuchen, uns hier gegeneinander auszuspielen und uns zur Aussage zu zwingen, aber im Namen aller 40 Angeklagten kann ich euch versichern, dass diese Taktik nicht aufgehen wird!
Egal, wie sehr ihr es noch versuchen werdet, egal wen ihr hier noch als Zeug*in laden werdet, wir verweigern die Aussage, denn wir haben euch überhaupt garnichts zu sagen!