[Nachbericht] 5 Jahre Hanau-Demo in Tübingen

Nachbericht: 5 Jahre nach den rassistischen Morden in Hanau – Demo und Kundgebung in Tübingen

+++ 5 Jahre nach den rassistischen Morden in Hanau +++ 350 Menschen bei Gedenkkundgebung und kämpferischer Demonstration in Tübingen +++

Wir erinnern an: Mercedes Kierpacz, Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.

Am 19.02. vor 5 Jahren ermordete ein Rassist neun Menschen in Hanau. Gemeinsam mit 350 Menschen haben wir am fünften Jahrestag unsere Trauer und unsere Wut in einer kämpferischen Demo und im Gedenken auf die Straßen von Tübingen getragen.

Aufgerufen haben wir als Bündnis aus dem Offenen Treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen und die Region (OTFR), der Antifaschistischen Aktion Tübingen und Gemeinsam Kämpfen Tübingen.

In einem gemeinsamen Redebeitag der organisierten antifaschistischen Bewegung in Tübingen (Antifaschistische Aktion Tübingen und OTFR) wurde die Mitverantwortung rassistischer Sicherheitsbehörden und der vollumfängliche Rechtsruck angesprochen, der sich aktuell durch die Gesellschaft zieht und die rechte Realpolitik von Ampel bis AfD kritisiert: „Mit Blick auf die Bundestagswahl am nächsten Wochenende sagen wir ganz klar: Nicht der Ganz zur Wahlurne ist antifaschistische Praxis! Antifaschismus, das heißt, die Ärmel hochzukrempeln und es selber zu machen! Das heißt, gemeinsam mit Betroffenen kontinuierlich gegen Rassismus zu kämpfen. Sich im Betrieb als Kolleg*innen zu organisieren und rechter Hetze zu widersprechen. Das heißt, Nazis zu bekämpfen, immer da, wo sie auftauchen. Mit allen Mitteln, auf allen Ebenen! 365 Tage im Jahr!“.

Der Redebeitrag von Gemeinsam Kämpfen Tübingen thematisiert die kollektive gesellschaftliche Verantwortung, sich rechtem Hass entgegen zu stellen und geht darauf ein, dass „menschenfeindliche Asylpolitik und rassistische Diskurse der Nährboden für rechtsextreme Gewalttaten sind.“.

Die Rede der Kurdischen Studierenden prangerte neben dem alltäglichen Antikurdischen Rassismus auch an, dass die Identität der ermordeten Kurd*innen unbeachtet bleibt und weist auf aktuelle rassistische Einreiseverbote an der deutsch-französischen Grenze hin.

In allen Reden wurde dazu aufgerufen, die Trauer in Wut und Widerstand zu wandeln, sich zu organisieren, zu solidarisieren und gemeinsam aktiv zu werden gegen Rassismus und Nazis.

Rassismus wurde als systemimmanent und als Instrument zur Spaltung von uns Lohnabhängigen im Kapitalismus benannt, es wurde die Kontinuität rassistischer Morde in der Bundesrepublik verdeutlicht und die Redebeiträge machten klar, dass die Cops in diesem Staat nicht nur keine Hilfe im Kampf gegen rechten Terror sind, sondern mitschuldig am Tod von neun Menschen in Hanau.

Gemeinsam sind wir dann vom Marktplatz in einer kämpferischen Demo über die Mühl- und Wilhelmstraße zur Abschlusskundgebung an der Neuen Aula gezogen. Dabei wurden wir mit Feuerwerk von der Österbergtreppe gegrüßt. Mit Parolen wie „Hanau war kein Einzelfall! – Widerstand überall!“ und „Nazis morden, der Staat macht mit – Der NSU war nicht zu dritt!“,++ beleuchteten Schildern und Doppelhaltern mit den Gesichtern der Ermordeten drauf haben wir unsere Wut auf die Straße getragen.

Auf der Abschlusskundgebung wurden Audioaufnahmen der Angehörigen abgespielt und kurze Passagen über die neun Menschen erzählt, die vor fünf Jahren in Hanau ermordet wurden. Wir haben gemeinsam getrauert, rote Nelken und Kerzen niedergelegt und die Namen der Ermordeten gerufen. Danach folgten kämpferische abschließende Worte, die nochmal betonten, dass man sich auf Staat, Justiz oder Cops nicht verlassen und migrantischen und antifaschistischen Selbstschutz selber machen muss: „Lasst uns gemeinsam für eine Welt ohne Ausbeutung, Unterdrückung und rechte Gewalt kämpfen. Schulter an Schulter – ob migrantisch oder nicht!“.

Dass in Hanau neun Menschen ermordet wurden, war kein Einzelfall. Rassismus hat System. Sie wurden wie viele andere Migrant*innen aus rassistischen Motiven ermordet.

Deshalb müssen wir Rassismus klar als das benennen, was er ist: kein bloßer Hass, sondern ein historisch gewachsener Unterdrückungsmechanismus, den wir konsequent bekämpfen müssen.

Heute wie vor fünf Jahren heißt es: Niemals vergessen! – Erinnern heißt gemeinsam kämpfen gegen Rassismus und die Politik der Rechten und Reichen!